28 Osterinsel Rapa Nui
Moai mit Hut-/Haarkranz |
Die Osterinsel – irgendwie ein Mythos, so was wie der
Osterhase, vielleicht realer. Bestimmt hat fast jeder ein Bild von den
eigenartigen Steinfiguren im Kopf, und irgendwie sehr weit weg. Es ist der am
weiteste entfernte Ort von der nächstgelegenen Zivilisation. Hammer! Irgendwie
irre. Und wir wissen eigentlich nichts. (Die aktuelle wissenschaftliche
Erkenntnis ist – wie immer – der Irrtum von morgen!) Vermutlich wurde das
Eiland von Marquesas aus besiedelt. Marquesas – Osterinsel: Luftlinie 3600
Kilometer. Von Polynesiern. Die auch auf Tahiti wohnen. Schön und gut. Sicher
haben sie was von Navigation verstanden, wie man sich an den Sternen
orientieren kann. Aber woher konnten sie wissen wo sie hinwollten. Das waren
doch keine übermütigen Jungs, die mal zwecks Brautschau oder Frauenraub – nach
einem guten Joint – sich ins Kanu setzen und zur Nachbarinsel rüber ruderten.
Sagen wir mal es sind 3600 km Luftlinie. Strömung, Wind,
Flauten verlängern die Reise womöglich auf das Doppelte, also gut: 5000 km.
Durchschnittsgeschwindigkeit max. 3 km pro Stunde. Und wenn man dann auch noch
das Ziel (diese Osterinsel) genau trifft, dann war man 70 Tage, also zehn
Wochen unterwegs. Was haben sie gegessen und was haben sie getrunken?
Regenwasser? Zweieinhalb Monate lang. Im besten Fall. Thor Heyerdahl (der ja die
These vertrat, dass Polynesien von Südamerika aus besiedelt wurde) hatte für
7000 Kilometer 101 Tage gebraucht, mit dem Humboldtstrom.
Moai, Conny, Theo, Rossi |
Und mit einer
Besatzung von sechs Mann, keine Frau. Kann man damit eine ganze Insel
besiedeln?
Nächste Frage: wie viele Leute haben sich aufgemacht,
Männer, Frauen, Kinder. Wie viele Schiffe waren unterwegs, wie viele sind
angekommen – oder umgekommen? Wie viele Menschen brauche ich um ein neues Land
zu bevölkern – ohne Inzucht? Und so eine großartige Kultur zu entwickeln?
Wie auch immer, sie haben es geschafft und in relativ kurzer
Zeit alles entwickelt, was Kennzeichen einer hoch entwickelten Kultur sind:
Sie haben dauerhafte Monumente geschaffen (Moais, Ahus), die
auf ein Bewusstsein unterschiedlicher, transzendenter Seinsebenen (Religion)
schließen lässt; sie haben eine Schrift geschaffen (nicht entziffert) was auf
ein dauerhaftes Geschichtsbewusstsein schließen lässt und sie haben politische
Systeme für den Umgang mit komplexen Gesellschaftsstrukturen entwickelt
(Vogelmannkultur). Und sie haben natürlich Techniken entwickelt, die es
ermöglicht haben, viele Tonnen schwere Skulpturen aus dem Fels zu schlagen,
über viele Kilometer zu transportieren und aufzustellen.
Mit den Ressourcen der
Steinzeit: keine Werkzeuge aus Metall. Das was der Osterinsulaner geschaffen
hat reiht ihn ein in Gesellschaften, deren Gestaltungskraft – immer im
Vergleich zu den technisch verfügbaren Mitteln und verfügbarer Arbeitskraft –
dem Bau der Pyramiden oder den gotischen Kathedralen nicht scheuen müssen.
Eine kleine Gesellschaft auf einem sehr übersichtlichen
Eiland hat an die 1000! Statuen (Moais) geschaffen, manche bis zu 22 Metern
hoch und über 30 Tonnen
schwer. Nun ist die Insel nicht besonders groß (170 Quadratkilometer), eher kahl, weite
Graslandschaften (obwohl inzwischen ca. eine dreiviertel Million
Eukalyptusbäume angepflanzt wurden. Ursprünglich war die Insel über und über
bewaldet, mit Jubaea, einer über 30
Meter hochwachsende Palmenart.
Wohnbauten? an der Orongo Steilküste |
Als die ersten Europäer die Insel entdeckten gab es gar
keine Bäume mehr. Was haben die Polynesier mit ihrer Insel gemacht? Jared
Diamond hat den extensiven Moai-Kult, bei dem sich offensichtlich alle Clans
übertreffen wollten (wer hat den größten?),
für die ökologische Zerstörung (und die komplette Abholzung) der Insel
verantwortlich gemacht. Die Bäume wurden demnach alle für den Transport der
kolossalen Statuen gebraucht. 100 Millionen Bäume für ca. 500 bewegte Statuen?
Und was wäre die Wissenshaft ohne spekulative Konkurrenz? Terry L. Hunt von der Universität von Hawaii hat
Belege für die Existenz der Pazifischen Ratte auf der Insel gefunden und
hochgerechnet, dass um das Jahr 1200 n. C. zwischen 2 und 3 Millionen Ratten
auf der Insel gelebt haben könnten, die den ganzen Samen der Palmen vernichtet
haben. (Stellt sich doch die Frage, warum dann die Osterinsulaner zum
Kannibalismus neigten, wenn es soviel Ratten gab.)
Der Himmel über Rapa Nui |
Alles ungelöste
Fragen. Die Gelehrten sind sich noch nicht einmal einig, wann die Besiedelung
der Insel begann. Um 800 n. C. oder doch erst 400 Jahre später? Wie und warum
endete die Produktion der Moais, wann begann das politische Vogelmensch-System?
(Bisher gingen alle seriösen Wissenschaftler
davon aus, dass der südamerikanische Kontinent vor ca. 15.000 Jahren besiedelt
wurde. Inzwischen vermuten manche, das es vielleicht 100.000 Jahre früher war
...)
Orongo Petroglyphen |
Was man weiß
ist, dass die ersten Weißen, die die Osterinsel entdeckten, nicht freundlich
mit den Einwohnern umgegangen sind. Die allermeisten kolossalen Steinfiguren waren
bereits umgestürzt, offensichtlich von den Einwohnern selber, die Kultur und
die Ökologie der Insel war weitgehend schon zerstört, den Rest besorgten
Sklavenjäger und all die Krankheiten, gegen die die Ureinwohner nicht resistent
waren. 1877 haben gerade mal 111 Personen auf der Insel überlebt. Eigentlich
eine traurige Geschichte.
trauriger Moai |
Und heute? Wenn
man auf der Insel ankommt merkt man schnell, dass einen die ganze Atmosphäre in
seinen Bann zieht. Die Hauptstadt Hanga Roa ist übersichtlich, nicht protzig,
beschaulich (obwohl die Einwohner bereits über Verkehrsstau und fehlende
Parkplätze klagen). Alles ist etwas alternativ, in den Läden wird polynesische
Folklore angeboten.
Die Insel macht
einen kaum bewachsenen Eindruck, weite Graslandschaften zwischen den drei
Vulkanen dominieren das Bild. Und überall stößt man auf Zeugen der
Vergangenheit. Ahus, die Kult-Stätten mit schön gepflasterten Vorplätzen,
steinerne Wohnhäuser mit Kriecheingang und ein ganzer Berg angefangener,
halbfertiger und fast fertig gestellter Moais! Vieles davon ist in geschützten
Nationalparks, vieles andere steht und liegt in der Gegend herum. Klingt komisch,
aber irgendwie ist man hier einer Kultur ganz nahe, von der man eigentlich
nichts weiß.
Moai - halbfertig |
Und dann natürlich die Conny. Conny Martin. Nachdem ich die
Conny wieder ausfindig gemacht habe, war es überhaupt keine Frage mehr ob
Osterinsel, ja oder nein, sondern nur noch wann. Vor ca. 30 Jahren war ich
Reiseveranstalter und eine Freundin von mir wollte einfach mal raus, am besten
eine Reise um die Welt. Ich habe für sie diese Reise gebucht und eine
Zwischenstation war die Osterinsel. Sie lernte dort einen gewissen Papiano
kennen und das wurde dann eine längere Geschichte – kurz gesagt: sie ist heute
noch dort. Mit Papiano hat sie einen wundervollen Sohn Ariki. Unsere Conny.
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