Samstag, 29. April 2017

Valparaíso


27 Valparaíso



Valparaíso - bunt, verspielt
In Valparaíso hatten wir ein B&B gebucht. Jonny und Adie hatten uns zwar das IBIS empfohlen, später haben wir es uns auch angeguckt (gute Lage!), aber Hotels mögen wir nicht so gerne. Die Komischen manchmal schon, 3 – 5 Sterne eher nicht. Gut, wir landeten problemlos mit Google Maps bei Sandra und Ernst, so eine Art Villen-B&B, mit Pool, zwei Schäferhunden und einem geilen Blick über die Stadt: Pontoval. Aber halt nicht im Zentrum. Aber dafür gibt es die MICROS (kleine Busse) und die colectivos (Linientaxis), die überall hinfahren, wenn man sich auskennt.
Blick von Pontoval über die Stadt


Pontoval - das B&B haben wir bei Booking.com gefunden. Sah super aus. Aber man weiß ja eh nie so genau, ob das alles wirklich so ist, wie das im Portal beschrieben ist. Wir haben da in der Vergangenheit auch schon sehr schlechte Erfahrungen gemacht, z.B. ein tolles Apartment in Verona, das dann in einer schrecklichen Plattenbausiedlung war. Ganz anders in Valparaíso: eine wunderschöne Villa, gelegen auf einem der über 40 Hügel Valparaísos, mit wunderbarem Blick auf den Hafen und die Stadt. Ein mit viel Gefühl für Stil und Behaglichkeit eingerichtetes Chalet. Sogar mit Pool. Wir baden oder schwimmen zwar nicht, aber ein Kaffee oder Feierabendbier am Pool ist trotzdem immer schön. Fast zu schön, um wahr zu sein. Das Haus gehört Sandra und Ernst. Sie Chilenin und er Schweizer. Sie Ernährungsberaterin mit einem Faible für gutes Essen, er Schweizer, Spanischlehrer aus einer Obsthandelsdynastie. Das hört sich spannend an, und nachdem wir das erfahren hatten, war uns klar, warum wir das beste Wohlfühlfrühstück in den 7 Monaten Chile serviert bekamen. Selbstgebackenes Vollkornbrot, selbstgemachte Marmelade, selbstgebackener Apfelkuchen, an Ostern ein leckeres, frisch gekochtes Ei. Wir waren nur für vier Tage in Valparaíso, aber wir kamen ins Gespräch. Wir wollten für ein Jahr in eine andere Kultur eintauchen, was Anderes kennenlernen. Naja, es war schon mit ein bisschen Aufwand verbunden: Kontakte knüpfen, Anträge stellen, Wohnung mieten, Basisfinanzierung sichern etc. Im Vergleich zu dem, was Ernesto und Sandra mit ihren Kindern gemacht haben, ist noch mal eine ganz andere Nummer. Mit der ganzen Familie in einen anderen Kontinent umsiedeln, den Beruf in der Schweiz aufgeben, ein große Haus kaufen und umbauen und als Familie ein Bed-and-Breakfast führen. Respekt! 

Eigentlich wollen wir, wenn wir eine Stadt besuchen, immer direkt im Zentrum wohnen, damit es von der letzten Bar nicht so weit nach Hause ist. Das kann bei so einer Oase natürlich nicht der Fall sein. Aber mit Bus und collectivo (Sammeltaxi) und im Extremfall Taxi ist das alles easy. Wir haben es genossen, nach den Ausflügen ins Zentrum hierher zurückzukehren. Valparaíso ist aufregend aber nicht überall schön, sicher, stilvoll und wohlriechend.  All das haben wir nach unseren Ausflügen hier gefunden. Danke!!!


Und wir wurden reingeworfen in das Gefühl, die Emotion, die Sensation: Valparaíso! Irgendwie: der Hammer!!!

Das Micro hat uns in eine Stadt gespült, die es so eigentlich nicht (mehr) geben kann: sterbend und ungemein lebendig, triste und von Farben überquellend, laut und verloren in der Unhörbarkeit seiner Hilferufe, verspielt, ernst, einfach fröhlich, hammerartig kreativ.

Kulturhauptstadt von Chile ist Valparaíso. Sicher zurecht. Kunst, vielleicht Kultur, was auch immer, entfaltet sich meist nicht in den satten Anwesen von Grünwald oder Staten Island, dort wird sie allenfalls konsumiert (man kann sich ja auch angesagte Künstler leisten), Kunst entsteht immer nur in der Spannung zwischen Wirklichkeit und Hoffnung, zwischen Sein und Haben, Hoffnung und Verzweiflung. Genau dafür scheint Valparaíso die beste Brutstätte zu sein.




Die Stadt Valparaíso kämpft gegen den wirtschaftlichen Niedergang. Der einst wichtigste Hafen des Landes hat seine Vormachtstellung an San Antonio verloren. Wenn man heute den großen Hafen von Valparaíso überblickt, dann bewegen sich kaum noch die großen Kräne, wenige Schiffe warten auf die Löschung ihrer Waren.
Der Hafen

Dabei war Valparaíso einmal der wichtigste Hafen des Kontinents auf der pazifischen Seite. Hier legten die Schiffe aus Europa zum ersten Mal an, wenn sie die Magellan-Straße erfolgreich umrundet hatten. Die Stadt war der wichtigste Umschlaghafen für Waren und Rohstoffe. Ein weiterer herber Schlag war die Eröffnung des Panama-Kanals im Jahr 1914. Immer weniger Schiffe kamen nach Valparaíso.

Offener Verfall - leere Hülle


So verfällt auch die Stadt. Stolze Patrizierhäuser haben aufgegeben, sie haben den Gräsern, Bäumen und Unkräutern ihre einst herrschaftlichen Räume überlassen. Die UNESCO kann nur noch das Ensemble schützen – wie lange noch? Nur wenige Orte lassen noch die einstige Größe und Bedeutung ahnen, z. B. der Plaza Sotomayor.
Sotomayor



Den Niedergang der Stadt, man fühlt ihn fast überall. Vor allem in der Architektur. Häuser, die nur noch als Fassaden dem Kultursiegel der UNESCO dienen.

Und die Stadt hat und hätte so viel zu bieten. Die einmalige Lage der Stadt, die sich auf über 40 Hügeln in die steilen Hänge gegraben hat. Und ein revolutionäres „Verkehrssystem“: die ascencores. Die Aufzüge und Schrägaufzüge, eine Art vertikale Metro, wurden erstmals 1883 gebaut, um die hoch an den Hängen gelegenen Viertel besser erreichbar zu machen. Technisch war das damals das non-plus-ultra, so wie heute vielleicht eine Magnetschwebebahn. In den 1920er Jahren gab es davon bereits über 30. Irgendwann hat man die „Aufzüge“ verkommen lassen, nicht mehr gepflegt. Heute gibt es davon noch 15, manche werden gerade repariert und langsam erkennt man auch das touristische Potential als Alleinstellungsmerkmal für die Stadt.
geniale Schrägaufzüge

Die Stadt hat einiges hervorgebracht: Pinochet und Allende sind beide dort geboren – ausgerechnet. Von Valparaíso aus hat Pinochet 1973 den Staatsstreich organisiert, quasi unter den Augen von Pablo Neruda, für den diese Stadt der schönste Ort auf dieser Welt war. Dort hat er sich, auch an einem Hang mit großartigem Blick über den Hafen und auf das Meer, ein Haus gekauft. La Sebastiana
Wohnzimmer von Pablo Neruda
Das ist heute ein Museum. Hier spaziert man quasi hinein in das Leben eines der größten Dichter, Nobelpreisträger, Lateinamerikas. Der Rundgang durch das Haus hat etwas voyeurhaftes, ja, intimes. Irgendwie kommt man dem Menschen Neruda hier näher als in seinen Werken. Alles in diesem Haus ist etwas besonders, aber eher klein, nicht protzig, nicht ausladend, gedacht für kleinere Empfänge. Am Esstisch hatten womöglich acht Personen Platz. Hätte schon auch gerne mal mit Neruda an seinem Kamin gesessen. Man muss ja nicht immer reden – gemeinsam trinken ist manchmal auch gut.
Pablo Neruda - Cafe del Poeta



Von Valparaíso aus wurde Geschichte für Chile geschrieben, von 1973 bis 1990 wurde das Land von einem Diktator beherrscht, eine 1970 demokratisch gewählte Regierung weggebombt, der Präsident in den Selbstmord getrieben. Unzählige Oppositionelle verschwanden in dieser Zeit – ein Unrechtsstaat. Und möglich war dies alles nur durch die nachhaltige Unterstützung der USA. Pinochet konnte in seinem Land noch bis 2006 einen eher friedlichen Lebensabend genießen.

Rossi und Allende


Aber dieses Valparaíso kämpft. Kämpft gegen den Untergang, den Verfall, die Tristesse.



Irgendwann muss sich jemand aufgelehnt haben, gegen den Niedergang, den ersten Farbeimer gegen eine kaputte Hauswand geworfen haben, in trister Verzweiflung. Und siehe da, die Stadt begann zu leben, zu atmen, die Beklemmungen der Seele in Kreativität zu verwandeln. Immer mehr Farbe gelangte in die Hände von Künstlern, manchmal von Verzweifelten oder Visionären.

Es wurde ein Stil geboren, Muralismo und Graffiti, auch wilde, destruktive Schmierereien, Bildgeschichten und politische Statements entfalteten sich zu einem neuen Bekenntnis: Valparaíso!

Diese Stadt gibt sich nicht auf. Sie kämpft mit Kunst und Farbe, politisch, unpolitisch, künstlerisch. Vieles ist schön, manches fantastisch, einiges banal, gelegentlich unsinnig.

WORST THAN TRUMP
Ja, Einkommensquellen, Verdienstmöglichkeiten sind weggebrochen. Alternativen? Tourismus, vielleicht? Tourismus, die geliebte und gehasste Alternative zu den verlorenen Jobs? Auf einem sehr aktuellen Graffiti ist zu lesen: TOURISM IS WORST THAN TRUMP – no gentrification! Das ist natürlich Unsinn. Wir haben viele Barrios besucht, die touristischen und die anderen, eher vergessenen. In machen Barrios hat der Tourismus offensichtlich zu einem gewissen Wohlstand geführt. Mein Gott, was heißt schon Wohlstand. Vielleicht so viel, dass der kubanische Künstler mit dem Verkauf seiner ziemlich genialen Drucke einigermaßen überleben kann. Krank sollte er aber eher nicht werden, dafür langt es dann doch nicht. Aber dort, wo die Touristen zum Gucken, Essen und Trinken hingehen, dort stinkt es nicht mehr nach Pisse, da gibt es gutes Essen, coole Bars, ja, auch ein paar Künstler, die den Touristen mal was verkaufen können, z. B. mir.


Die gestalterische Kreativität von Valparaíso ist zu einer Marke von unschätzbarem Wert geworden, u. a. Kulturhauptstadt Chiles. Hammer, immerhin! Das ist nicht nur das institutionalisierte Graffiti-Programm. Das ist das sich einbringen unter der Schwelle des kommerziellen Engagements in Musik, Theater und sonstigen Künsten. Auf dem Platz Hanibal Pinto treffen sich jeden Freitag Leute zum Tango-Tanzen. (Das sind manchmal die Momente, wo ich wünschte auch ich könnte tanzen – geht aber schnell wieder vorbei!)
Valparaíso scheint vor lauter Farbe zu explodieren. Viele Häuser, alte wie neue, sind einfach nur bunt. Aber in manchen Stadtvierteln ist alles bemalt, was für einen Pinsel oder eine Spraydose auch nur irgendwie erreichbar ist. Hier gibt es alles, vom einfachen, eher primitiven Geschmiere bis zu großer Kunst. Von Konzeptkunst bis zu politischen Statements, von alten Geschichten bis zu einer neuen Interpretation der Wirklichkeit. Es werden Mythen aufgearbeitet, Bilder der Ureinwohner neu in Szene gesetzt, die Vergangenheit in Erinnerung gerufen.


Aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass das Malen und Bemalen der Häuser ein einziger Aufschrei gegen den Niedergang ist. Gegen den unaufhörlichen Verfall großer Teile der Stadt, vor allem der alten Stadt, die ja die wechselvolle Geschichte repräsentiert. Wenn eine marode Fassade bunt ist, dann scheint der Verfall nicht ganz so schlimm, das Ende bekommt zumindest einen fröhlichen Anstrich. Einstürzende Altbauten sind gleichzeitig auch die Totengräber der Werke jener Künstler, die mit ihrer Kunst eben jene Zeugen der Vergangenheit erhalten wollten.


Aber noch ist es nicht so weit. Heute ist die Stadt (noch) eine Offenbarung an Urbanität, Kreativität, Internationalität, ein Ort für das andere, nicht beschauliche Leben.


































www.vinoval.de

Mittwoch, 26. April 2017

Chile Wein


25 Wein



Die Fahrt von Cobquecura nach Valparaíso war ein Genuss. Sie führte uns durch die berühmtesten Weintäler Chiles: Valle de Maule, Valle de Casablanca und Valle de Colchagua.
Weinberge - überall
 Die Weinernte war in vollem Gange, der meiste Wein schon im Keller, an den Stöcken hingen noch ein paar Trauben, überreif und zuckersüß, für Trockenbeerenauslese und sonstige Leckereien. Die morgendliche Kühle wurde von den kräftigen Sonnenstrahlen verdrängt, die Weinberge hüllten sich in eine Atmosphäre überlegener Reife.
Weinanbau in Chile, das sind andere Dimensionen, unter 80 ha fangen die meisten gar nicht an, nicht so kleinteilig wie bei uns. 1000 ha sind nicht unüblich. Schon mitten des 16. Jahrhunderts wurde in Chile Wein angebaut. (Vermutlich weil eine richtige Messe ohne Wein nicht ganz im christlichen Sinne ist!) Die Rebfläche beträgt ca. 120 000 Hektar (Deutschland etwa 100 000 Hektar), die Wein­pro­duk­tion 6 bis 8 Millionen Hekto­liter.
in Santa Cruz
Jähr­li­cher Wein­konsum pro Kopf in Chile: 12 Liter, Deutschland etwa 21 Liter. Hier ist in beiden Ländern noch Luft nach oben, vor allem, wenn man bedenkt, dass es der Vatikan auf fast 70 Liter bringt.
Vinothek Apalta
Casas del Bosque

Chile ist Rotweinland. Über 70% der Produktion sind Cabernet Sauvignon (40%), Merlot (15%), Carmenère und Syrah. Wobei für mich der Carmenère der interessanteste Tropfen ist. Der kommt ursprünglich aus Frankreich, ist dort aber wegen der Reblaus, die erstmals im Sommer 1865 in der Gegend von Avignon, St. Remy und Orange großflächig die Rebstöcke dahinraffte, aus Frankreich verschwunden. Hier in Chile gedeiht dieses Gewächs aber ganz vorzüglich.
Rotweinland

Die Böden und die klimatischen Gegebenheiten in den wichtigsten Weinbautälern schaffen dafür die besten Bedingungen.

Weinberge soweit das Auge reicht, fast schon etwas Monokultur – dennoch schön. Vor allem wenn sich das Laub in alle Töne Rot verwandelt. Die Trauben, die noch hängen, bekommen schön langsam das Aussehen von Rosinen und haben schon das ganze Feuer dieser kräftigen Süße in sich, bei der einem auch gerne ganz political unkorrekte Genüsse wie Gänseleberpastete einfallen.

Die größeren Güter, die ihren Wein für ein ganz großartiges Kulturgut halten (womit sie natürlich auch Recht haben), verstehen es mit ihren Vinotheken eine ganz besondere Atmosphäre zu schaffen. Kaum irgendwo kann man der Welt so wunderbar entrückt sein wie mit gutem Essen, köstlichem Wein in einer unvergleichlichen Kulturlandschaft: im Weinberg.
Apalta

Verkostung und Einkauf auf dem einen oder anderen Weingut, das gehört zu den Momenten, bei denen sich die Ästhetik für das Auge und der Geschmack auf der Zunge zu einem Gesamtkunstwerk vereinen.

Gut ausgerüstet fuhren wir unserem neuen Ziel entgegen: Valparaíso.



Noch besser: chilenischer Wein aus Gläsern von Vinoval!

www.vinoval.de

Montag, 24. April 2017

Cobquecura


25 Cobquecura

Wir haben Valdivia hinter uns gelassen. Die Zelte abgebrochen. Na ja, die Wohnung verlassen, den Schlüssel zurückgegeben und die letzten Rechnungen bezahlt, uns von den Freunden und Kollegen verabschiedet, das Auto gepackt und aufgetankt, Valdivia den Rücken gekehrt. Das wars. Wars das?
Vor uns liegt eine neue Etappe. Nix Job, keine Forschung, keine Termine, sich treiben lassen von Ort zu Ort.
Aber doch immer auf der Suche nach etwas Besonderem, nicht dem großen WOW-Gefühl, eher den kleinen großen Dingen. Momente, die man festhalten will, die Flüchtigkeit verstetigen – wenn auch nur für einen kurzen Moment. Und immer auf der Suche nach etwas „Lateinamerikanität“, dem Spezifischen, dem, was das Land, der Kontinent von anderen unterscheidet.
Küste von Cobquecura
Trotz Internet und Reiseführer war es schwierig was einigermaßen Nettes zwischen Valdivia und Santiago zu finden. Schließlich haben wir B&B Loberia in Cobquecura gebucht. Schau mer mal. Marketing und Realität liegen oft weit auseinander!
Nach sieben Stunden Fahrt kamen wir an. Cobquecura war irgendwie anders. In der Anlage kolonial, spanisch, einstöckig Gebäude, quadratische Stadtanlage. (Stadt ist hier vielleicht etwas übertrieben, bei ca. 12 Straßen insgesamt.)
Der Innenhof ...
... in seiner ganzen Pracht
  


Unsere Unterkunft war dann auch in einem der schöneren kolonialen Gebäude, außen die streng gegliederte Fassade, der Innenhof ein großzügiger Patio mit vierseitigem Umgang, in der Mitte ein schmiedeeiserner Pavillon.
Doch das schönste war die wilde Pflanzenpracht: Kamelien, Palmen, Fleißige Lieschen, Chilenischer Feuerstrauch, Magnolien, Senfrauken, Farne, Hortensien, Bananenstauden Zitronen- und Orangenbäumchen, Rosen, Lavendel Rosmarin und vieles mehr. Das Paradies für die Kolibris, die mit ihrem glockenhellen Zirpen uns an unsere Freunde in Valdivia erinnerten: Tick, Trick und Track.
Cobquecura - Zentrum
Nein, man darf sich das alles nicht wie eine Nobelherberge vorstellen. Alles etwas in die Jahre gekommen, improvisiert, zusammengeschustert, vieles klemmt, manches funktioniert nicht richtig. Aber mit einem großen Charme. Und das schönste war: wir hatten das alles fast für uns alleine. Aber das ist es genau was ich schätze, die schöne kleine Individualität, nicht der seelenlose Protz der 5-Sterne-Schuppen. Vor allem war da noch Marlene, der gute Geist des Hauses, die mit ihrer großen Freundlichkeit diese großartige Atmosphäre geschaffen hat.

Cobquecura, was soll ich sagen, hat es auch nicht leicht.
Es wurde stark gebeutelt vom Erdbeben 2010. am 27. Februar um 3:34 Uhr Ortszeit hat es diesen Ort heimgesucht, mit nachfolgendem Tsunami. Es war das sechststärkste Beben, das weltweit seit Beginn der seismischen Aufzeichnungen im Jahr 1900 je gemessen wurde. Epizentrum Cobquecura.
Vor und ...
... nach dem Beben
Ein Wirt, der an der Hauptstraße ein kleines Restaurant betreibt (und einen fantastischen Pisco Sour macht), hat im Gastraum in einfachen Plastikhüllen zwei Bilder aufgehängt: vor und nach dem Erdbeben.

Irgendwie hat man den Eindruck das kleine Kaff will schöner werden, eine reizvolle Geliebte für die Touristen werden, es versucht sich raus zu putzen. Die Gehsteige werden gerichtet, das koloniale Erbe, falls möglich, soll gerettet werden. Teilweise gute Ansätze, das kann was werden. Was nix ist – und ich befürchte, das wird in absehbarer Zeit auch nix – ist das gastronomische Angebot. Zum Verzweifeln. Richtig sch...lecht. Aber darauf will ich mich jetzt nicht einlassen.
... und am Strand gab es ein paar Buden mit Ceviche
Ganz großartig ist der endlose, weite Strand, der sich vor der ganzen Küste gegen die anbrandenden Wellen stellt. Und direkt vor Cobquecura zwei Felsen, die Loberia, die das zuhause von einer Kolonie von ca. 2700 Seelöwen sind, die gerade als wir da waren, ihre Kinder in die Schwimmschule schickten. Was für ein Anblick, hunderte tobende, spielende und raufende Seelöwenkinder, die vom Leben gar nicht genug bekommen konnten.
Seelöwenfelsen

Kampf gegen Lachszucht








Gegen eine andere, reale Bedrohung kämpfen die Menschen in Cobquecura im Moment: die einflussreichen Fischbarone (die gesamten Fischrechte an der langen chilenischen Küste sind wohl auf fünf Familien aufgeteilt) wollen auch an diesem Teil der Küste weitere 79 Lachsfarmen errichten, trotz all der schlechten Erfahrungen und katastrophalen Auswirkungen für die Umwelt – siehe Chiloe. Das, was sich die Leute hier aufgebaut haben, kann kaputtgehen. Tote Fische am Strand, schlechtes Image, Algenpest, welche Touristen wollen da noch kommen?
Las Nalkas

Immer wieder mal gibt es auch touristische Highlights. 
Ein paar km von Cobquecura gibt es eine kleine Hotelanlage, die hauptsächlich aus Baumhäusern besteht. Ganz großartig, muss man schon sagen.


Wir ziehen weiter nach Norden: in die Weinregion 
und nach Valparaíso.

Montag, 17. April 2017

Despedida – Abschied von Valdivia


 24 Despedida – Abschied von Valdivia


Alles hat ein Ende, so auch unser Aufenthalt in Valdivia. Wie schnell die Zeit vergangen ist! Am 5. Oktober 2016 kamen wir in Valdivia an und haben unsere Wohnung bezogen. Nach einem kurzen Ausflug nach Deutschland kamen wir am 6. Februar zurück nach Valdivia. Unglaublich, dass wir nur noch 3 Wochen hier sein würden und dann unsere Wohnung mit dem schönen Blick, die Kollegen und neuen Freunde und alles, was uns so vertraut geworden war, zurücklassen sollten. Aber es gab ja noch viel zu tun. So standen neben dem Katzenprojekt in den letzten Wochen natürlich auch noch einige Treffen an. Eines mit dem Dekan der Tierärztlichen Fakultät, ein weiteres mit allen, die am Projekt beteiligt waren, ein Treffen Theos mit den Kollegen und dem Dekan seiner Fakultät. Und natürlich wollten wir auch selbst eine schöne Abschiedsfeier machen. Ende März fand in der Klinik noch ein Seminar für praktische Tierärzte statt, für das Vorträge vorzubereiten waren. Und natürlich gab es auch in der Klinik noch Patienten, bei deren Betreuung ich mitbeteiligt war.

Für unsere Fiesta de despedida hat Theo hat eine wunderschöne Einladung entworfen und wir hofften, dass bei so einer schönen Einladung auch alle Eingeladenen kommen würden. 


Der 31. März war gekommen. Mein letzter Tag an der Fakultät. Etwas wehmütig habe ich morgens auf den Weg in die Klinik gemacht. Ein letzter Vormittag in der Klinik, Büro aufräumen, Bücher, Unterlagen, Equipment ins Auto und dann am Nachmittag nach Hause die Feier vorbereiten. Ich war schon ein bisschen traurig, dass das so sang- und klanglos ablief. Außer mir schien zunächst mal niemand viel Notiz von meinem Abschied zu nehmen.
Carol y Rollo


Cote y Mathias

Rezeption
  











Zunächst die Abschiedsfeier in unserer Comunidad: Es kamen alle, denen es irgendwie möglich war. Wir haben uns unglaublich darüber gefreut und haben es genossen, mit allen anzustoßen und zu feiern. Das war so ausgiebig, dass Theo in der Nacht gleich noch einen Hexenschuss bekommen hat. Probresito! Nach zwei Tagen ging es ihm Gott sein Dank wieder besser. Und dann begannen erst die weiteren Festlichkeiten.

 
Am Montagabend Abschiedsessen mit Ananda und Pedro. Ich kann gar nicht sagen, was für ein Glück es war, dass ich Ananda in Lisboa getroffen habe. Was sich aus diesem Treffen entwickelt hat, ist zum einen eine wunderbare Forschungskooperation, aber auch eine Freundschaft. Ich bin mir sicher, dass es weitere gemeinsame Projekte geben wird und wir auch so in engem Kontakt bleiben werden.

Ananda in München
Am Dienstagabend Abschiedsabendessen mit den Professoren der Fakultät. Ein tolles Abendessen in einer coolen Location. Tausend Dank! Und am Mittwochnachmittag gab es noch eine Abschiedsfeier für mich in der Klinik, zu der alle Mitarbeiter der Klinik eingeladen waren. Das war sehr rührend und hat mir den Abschied dann wirklich noch mal schwergemacht. Es gab Snacks und Torte und vor allem eine sehr herzliche Ansprache von Marcelo, über die ich mich unglaublich gefreut habe.
Rosario
Von vielen Gastprofessoren an der Klinik in München weiß ich, dass ein Gast von außerhalb den normalen Arbeitsablauf erst einmal stört und mehr Arbeit bedeutet, vor allem wenn er die Sprache des Landes nicht spricht. Schwerpunkte, diagnostische Vorgehensweisen und Arbeitsabläufe sind in jeder Universität und Klinik anders und gut eingespielt. Und neue Ideen bedeuten mehr Aufwand. Ich war etwas naiv davon ausgegangen, dass die Kommunikation auf Englisch mit jedermann in Chile sicherlich kein Problem ist. Ganz so war es nicht. Tatsächlich haben mehr der Studierenden deutsch gesprochen als Englisch. Inzwischen verstehe ich Spanisch ganz gut, es ginge noch besser, wenn die Chilenen nicht so unglaublich schnell reden würden. Mit dem Sprechen hapert es noch, ich komme im Alltag gut zurecht aber es ist schon noch viel Luft nach oben. Vielen Dank für Eure Geduld! Vielen Dank für eine tolle Zeit mit Euch allen! Vielen Dank für Abschiedsfeier, für die Geschenke! Die Fotos werde ich daheim in München sofort in meinem Büro aufhängen und den Anstecker der Tierärztlichen Fakultät bei jeder Gelegenheit tragen.



Was für mich persönlich die Arbeit an der Universität ganz besonders macht, ist die Kombination aus Forschung, klinischer Arbeit und Lehre. Ohne die Studierenden hätte die Universität auch gar keine Daseinsberechtigung. Die Zusammenarbeit mit den jungen Kollegen und den Studierenden ist inspirierend und macht einfach unglaublich Spaß. An der tierärztlichen Fakultät von Valdivia hat die Lehre einen sehr hohen Stellenwert, es findet sehr viel Unterricht in kleinen Gruppen statt und die Studierenden sind wirklich sehr gut betreut. Und was die Forschung angeht, hatte ich mit den Kollegen aus dem Instituto de Ciencias Clinicas Ananda und Javier und aus dem Instituto de Medicina Preventiva (Miguel und Gustavo) und natürlich mit Theo für die Logistik hervorragende Kooperationspartner. Ich denke und hoffe, wir werden in Zukunft noch mehr zusammenarbeiten. Und ich hoffe, dass ich die Gelegenheit habe, zu einem anderen Zeitpunkt zurück nach Valdivia zu kommen. Ich fühle mich der Klinik und der Tierärztlichen Fakultät der Universidad Austral de Chile sehr verbunden.




Und ich hatte auch eine kleine Abschiedserde vorbereitet:



¡Estimados colegas, amigos todos!



Hoy, exactamente hace medio año, el 5 de octubre, hemos llegado con nuestras maletas en el aeropuerto de Valdivia. Lleno de inquietud y esperanza. Un taxi nos llevó a nuestro apartamento – hoy lo llamamos la ¡casa de la buena vista!

Hemos encontrado una cama, 2 sofá y unas cajas con cosas personales. Gracias a Ananda, nos prestó una mesa y la facultad de Theo nos ayudó con 6 sillas. Entonces: ¡A la clínica, a trabajar!



Estuve un poco nerviosa. Como me invitó yo misma – nunca se sabe si uno está bienvenido. Una gran ventaja: Ananda apoyó el proyecto científico y mi visita en la UACh sin turbarse – aun prácticamente ella no me conoció. Juntos hemos aplicado por el primero financiamiento del proyecto. Y resulto. Teníamos dinero por visitas de Ananda en Múnich y mi visita en Valdivia. Y gracias a Gustavo y Miguel, ellos también han apoyado el proyecto desde el principio.



¿Colaboración con los colegas? ¿Cooperación en el proyecto? ¿Encontrar amigos?



Hace 2 años, después de 15 años clínica, docencia e investigaciones científicas – estaba segura que hay que hacer otra experiencia. Múnich no es el obligo del mundo, hay muchas otras cosas para conocer, visitar. Personalmente, tanto como en el contexto de la ciencia veterinaria y también quisiera aprender otra lengua.

Por su puesto, un animal enfermo es un problema local, esto hay que solucionar en el mismo lugar, en la clínica. Pero una enfermedad es un problema mundial. FLUTD tienen gatos tanto como en Alemania como en Chile. O leptospira. Y por eso creo es importante cooperar con los científicos en todo el mundo. Y, además, quise conocer las particularidades culturales de otros mundos y entender diferentes vistas al mundo.



Hoy, después de medio año, sé que todas mis preocupaciones no se han realizado. Al contrario. Hemos sentido bienvenido del primero instante. Por mi parte quisiera agradecer a todo Ustedes mis gracias tanto para la bienvenida en la clínica por Marcelo, Julio, Erika y Javier, Lorena y todos los veterinarios jóvenes, toda la gente que han ayudado con el proyecto: Carol, Rosario, y todos en el laboratorio, tanto para la cooperación científica Ananda, Gustavo, Miguel y Javier y tanto para la amistad y la ternura por su parte.



Quería mencionar dos personas especialmente:

Javier, contigo estuvimos viajando mucho tiempo. No estuviste solamente un excelente compañero de la caza de gatos, pero también una fiable fuente de informaciones de la vida chilena y valdiviana. Y por supuesto nunca nos dejaste solo con el Feierabendbier.

Ananda, desde nuestra primera cena en Lisboa nos hemos encontrado muchas veces contigo y Pedro y discutido de proyectos y posibilitadas en el mundo científico. Para mí era una gran suerte conocerte. Muchas gracias para todo.



Ahora estamos felices porque tenemos amigos en Valdivia. 



Personalmente espero que mi estadía en la UACh es el inicio para una valiosa cooperación en el futuro. Yo tengo la buena voluntad.




Der letzte Abend in Valdivia war gekommen. Es regnet in Strömen. Die Wohnung ist ausgeräumt. Ananda und Pedro holen ihren Campingtisch und die Stühle ab. Ein letztes Mal in die Stadt fahren, noch ein Bier trinken und Abschied nehmen von Valdivia. Ciao Javier, Blanca, und Elisa, ciao Miguel, Barbara und Mathilde, ciao Ramón.
Wir werden Euch vermissen. Am nächsten Morgen Auto packen, Isabel verabschieden, und dann geht es los Richtung Norden. Auf dass das Leben weiterhin so aufregend bleibt!

Eine der nächsten Stationen auf unserer Reise wird La Serena sein. Erika, die Chirurgin der Kleintierklinik, hat dort ein Haus und hat uns großzügiger Weise angeboten, dort zu wohnen. Unglaublich nett. Großartig. Vielen Dank! Erika, wir erwarten aber ganz dringend, dass Du und Dein Mann uns auch bald in München besuchen. Wir freuen uns schon sehr darauf.  

Vielen Dank an alle für ein für uns großartiges halbes Jahr. Estoy seguro que nos vemos muy pronto.