32 Salar de Uyuni
Ein Blog der Bilder.
Manche Dinge sind so großartig, oder magisch, oder mystisch, oder wie von einer
anderen Welt, dass man sie nur schwer in Worte fassen kann.
Frühstücksraum Grenze Chile - Bolivien |
Wir haben bei Cordilleras
Traveller gebucht. Im Reiseführer stand: die Anbieter sind alle gleich
schlecht. Beschrieben haben sie uns die Tour ganz toll. Na ja, die erste Nacht,
das wäre eine Art Berghütte, Schlafsaal,
in 4200 m Höhe. Die nächste Nacht ist dann ein Salzhotel, also das Haus ist
nicht aus normalen Ziegeln, sondern aus Salzquadern gebaut. Also von so was
hatte ich schon gehört, mit viel Luxus und so. Die dritte Nacht ist auch nicht
schlecht.
Die Grenze zu
Bolivien ist ca. eine Stunde entfernt, auch schon 4400 m hoch, die Grenzstation
auf chilenischer Seite ist allerdings noch in San Pedro. Die Reisenden werden
dorthin mit einem Bus gebracht und dort auf geländegängige Jeeps verteilt. Die ganze
Gegend ist Toyota-Land, andere Marken konnten sich offensichtlich nicht
durchsetzen.
Unsere Gruppe
wurde auf drei Toyotas aufgeteilt. Wir waren sechs: ein Pärchen aus Brasilien.
Sie hatte einen riesen Schalenkoffer dabei und trug jeden Tag ein anderes
Outfit. Ganz reizend und bekennende Fans der gepflegten Tätowierung. Ein Pärchen
aus Großbritannien, er Engländer, sie Schottin, arbeiten in National Health
Service auf der Insel. Brexit finden sie auch Scheiße. Und wir. Auch ganz nett.
Ist schon wichtig, dass man sich gut versteht, man ist vier Tage auf ziemlich
engem Raum zusammen.
Toyotaland |
Nach den
Grenzformalitäten, das Gepäck ist auf dem Dach verstaut, wird ein Frühstück
serviert. „Zum Sch... reicht’s“, würde ein Freund von mir sagen. Aber Toiletten
gibt es keine.
Aber irgendwie,
diese Landschaft entschädigt für alles. Unser erstes Ziel ist die Laguna verde. Diese auffällige Färbung wird
durch einen hohen Anteil an Mineralien wie Kupfer, Magnesium, Calciumcarbonat, Blei
und Arsen verursacht. Scheint zum Baden nicht so gut geeignet zu sein. Auch
nicht für Flamingos. Die finden sich an der nächsten Lagune, etwa 30.000 Tiere,
die hier eine ideale Heimat gefunden haben. Kalt, vor allem in der Nacht, immer
windig. Und ich dachte immer, die Flamingos seien was für die Tropen.
Dass wir uns eigentlich auf der brodelnden Erdküche
bewegen, wo die heiße Lava die Oberfläche zu einem ganz besonders schönen, aber
lebensfeindlichen Stück Erde zusammengebacken hat, merken wir dort, wo die
inneren Kräfte noch zutage treten: am Salar de Chalviri und bei den Geysiren.
Am Chalviri hat man das heiße Thermalwasser in kleinen Becken gefasst, man
hätte hier baden können. Das Wasser war warm, 35 Grad – aber rein und raus, ausziehen
und wieder anziehen – nein danke. Bei einer Windtemperatur von gefühlt minus 10°C?
Die Nacht im Refugio verbringen wir einigermaßen
unbeschädigt. Die Nacht ist sternenklar, das Kreuz des Südens wird langsam zu unserem
ständigen Begleiter. Wir freuen uns auf den Morgen und die Sonne, die dann
wieder die eisstarre aus unseren Gliedern löst.
Arbol de Piedra |
Wir bewegen uns immer zwischen 3500 und 5000 m. Das
geht erstaunlicher Weise ganz gut – solange man sich nicht schnell bewegt.
Geholfen hat auch, dass wir vorher schon ein paar Tage in San Pedro waren, auf
2500 m.
Dali Wüste |
Wir fahren durch ein Hochtal, durch die Dali-Wüste zum Baum aus Stein (Arbol de
Piedra).
Dalí-Wüste? Desierto de Dalí? Ich frage unseren
Fahrer Efraim (der eigentlich auch so was wie Reiseleiter sein sollte), meinst
du D E N Dalí?
Efraim sagt: klar, Salvador. Der Maler.
Ich sage: und was hat er mit der Wüste hier zu tun?
Efraim sagt: von hier hat er seine ganzen Anregungen
für seine Bilder.
(Ich denke, na ja, Wüste und Steine finden sich schon
bei seinen Bildern.)
Ich sage: und woher wusste er wie es hier aussieht?
Efraim sagt: er war hier!
Ich sage: hier? Wann? Wie?
Efraim sagt: mit dem Fahrrad. In den 40er Jahren.
Hammer, denke ich, der absolute Hammer!
Damals gab es ja nicht mal so eine lausige Piste, nur
Wüste, Sand, kindskopfgroße Steine, keine Wasser, und dann der schreckliche
Wind. Man konnte ja nicht mal aufreckt stehen, geschweige denn Rad fahren. Wie
oft mag es seinen Bart verbogen haben. Und wie mag die Kleidung des Dandys
ausgesehen haben. Unvorstellbar.
Dalí und Rossi |
Tolle Geschichte – nur leider: kein Wort wahr.
Aber irgendwie, wenn man sich seine Bilder ansieht,
könnte ja wahr sein.
Die Fahrt geht immer weiter nach Norden, man kann sich
an der Landschaft nicht satt sehen. Vielleicht gibt es ja in unserer Sprache
auch nicht die richtigen Worte für 1000 Formen Wüste, 1000 Farben – außer Grün.
Wir kommen an großen Lagunen vorbei, die, wegen der
unterschiedlichen mineralischen Zusammensetzung, in ganz unterschiedlichen Farben
strahlen. Was hier auch den besagten 30.000 Flamingos offensichtlich auch
behagt.
Der Tag neigt sich dem Ende zu, wir fahren nach San
Juan. Um dieses Kaff zu beschreiben, auch dazu fehlen mir die Worte. Aber
immerhin, angekündigt war das Hotel de
Sal. Gut, vor dem Einchecken mussten wir noch vorher in einem kleinen Laden
einkaufen, wer will Wein oder Bier, gibt es im Hotel offensichtlich nicht.
Unser "Hotel" |
Es war ein lausiger Lagerschuppen, wir hatten immerhin
ein „Zimmer“ für uns. Es war überall kalt, beim Essen, im Zimmer, im
Schlafsack, draußen, überall. Alles was wir dabei hatten, das haben wir am
Körper getragen. Ich konnte den Mädels in der Küche noch zwei kleine
Plastikflaschen mit heißem Wasser abschwatzen, als Wärmflasche sozusagen. Das
hat geholfen. Erstaunlich!
Wir haben die Nacht, vor allem auch das Essen
überlebt. Es war ein neuer Tag. Wir nähern uns unserem Ziel, dem Salar de
Uyuni. Eine Laune der Natur hat hier eine Salzwüste geformt, die weißer und
größer ist, als alles, was man sich vorstellen kann. An manchen Stellen endet
der Blick über das Salz im Nirgendwo, verliert sich im Blau des Himmels, verblasst
in den Sphären des Alls.
Salar de Uyuni |
Der Salar de Uyuni ist mit über 10.000 qkm der größte
Salzsee der Welt. Der Bodensee passt ca. 18-mal hinein, das Saarland viermal.
Als wir den Salar betraten strahlte dieser im weißesten denkbaren Weiß.
Soweit
das Auge reicht. An einigen Stellen kann man hier die Erdkrümmung gut erkennen.
In einer Höhe von ca. 3600 m. Doch dieser wunderbare See atmet mit den
Jahreszeiten. Während der Regenzeit füllt er sich mit bis zu einem halben Meter
Wasser und ändert sein Gesicht.
Da wird der See zum Spiegel des Himmels und des
Horizonts, an dem sich kräftige Wolken auftürmen. Doch es dauert nicht lange,
die unerbittliche Sonne verdunstet das Nass bis dann nur noch wieder das
unendliche Salz bleibt, hart und fest, damit auch die Toyotas mit ihren Touristen
darüberfahren können.
Isla Incahuasi |
Inmitten des Salar findet man eine kleine Insel: Incahuasi. Auch Isla del Pescador genannt. Eigentlich eher ein großer Felsbrocken,
etwa 60 m hoch, der ein einzigartiges Habitat für die Säulenkakteen darstellt.
Mächtige Pflanzen, wenn man bedenkt, dass sie gerade mal 3 – 5 mm pro Jahr wachsen.
Wir waren dort zum Sonnenaufgang, zum Schlafen in dem famosen Hotel war es
ohnehin zu kalt.
Kakteen mit Mond |
Magic |
Wir blieben so lange es ging auf diesem Spielplatz der
Emotionen und Gefühle. Benahmen uns wie junge Hunde, die zum ersten Mal Schnee
sehen, ließen unserer Freude freien Lauf.
Salz Hotel |
Eine Sache ist noch zu erwähnen. Das Hotel de Sal
Playa Blanca. Das war schon eine ziemlich coole Idee. Ein Hotel, ganz aus Salz,
mitten auf dem Salzsee. Heute ist es ein Museum, der ganze See ist inzwischen
Nationalpark, das ist auch gut so. Aber immerhin, es war eine ganz besondere
touristische Innovation.
Zugfriedhof |
Von dieser Natur zurück zu dem was wir Menschen so auf
der Erde treiben. Technikversessen sind wir ja. Im Jahr 1900 beschloss Bolivien
zwecks Landesentwicklung auf die neueste Technologie zu setzen – es kaufte in
Europa modernste Züge und Lokomotiven in Europa. 1903 konnten die ersten
Passagiere damit befördert werden. Doch der Spaß hatte bald ein zähes Ende:
1909 musste der Betrieb wiedereingestellt werden, es fehlten Techniker, die die
Züge warten konnten. Und: geblieben ist ein bizarrer Zugfriedhof in Uyuni.
Über Uyuni will ich mich nicht weiter äußern, viel
besser als der Zugfriedhof ist es auch nicht. Die Rückreise nach San Pedro de
Atacama verlief ohne Zwischenfälle, von der letzten Nacht will ich lieber nicht
sprechen, was bleibt ist diese unvergleichliche Natur.