Sonntag, 15. Januar 2017

Das Feldlazarett


Das Feldlazarett



Nr.: 16



Belegungsplan: Casa de la buena vista



27.1.2017 – 13.2.2017 Australien

26.2.2017 – 5.3.2017 Casa geschlossen

31.3.2017 Für immer geschlossen!!!!

Bei der ganzen Operation KATZEN bin ich eigentlich mehr der Handlanger und der Sekretär, der die Statistik über die untersuchten Katzen führt und immer etwas holen und halten muss, meistens die Katzen.
Sterilisierungskampagne


Jetzt fand wieder einmal eine Sterilisierungskampagne statt, die von der Gemeinde Corral, ein kleines Kaff am Meer unweit von Valdivia, organisiert wird. Das macht natürlich Sinn, weil man sonst der vielen frauchenlosen Hunden und der streuenden Katzen überhaupt nicht mehr Herr werden würde. Das ist für die Katzen- und Hundebesitzer kostenlos, manche könnten sich das ohnehin nicht leisten.




Das Feldlazarett und der Pickup von Elena



Und das geht so:

Die Gemeinde Corral hat natürlich keine eigenen Tierärzte und keine Klinik, sie macht nur die Organisation. Sie schreibt einen Termin öffentlich aus und stellt einem Tierarztteam einen Raum zur Verfügung. Was heißt schon Raum. Es ist ein Zimmer und ein Flur in einem baufälligen Gebäude, das das nächste Erdbeben kaum überleben dürfte. Es steht viel Müll herum, zumindest gab es diesmal einen Wasseranschluss. 


Um rechtzeig anzukommen muss man die Fähre um 8 Uhr von Niebla nach Corral nehmen, den Hügel hinauffahren, dort wo das Dorf endet. Und dann kommt Elena mit ihrem Team. Im Pickup. Der sieht aus, als sei er schlechte und schlammige Straßen gewohnt. Drinnen sitzen, eng gequetscht die zwei Operateure Elena und Angelica, zwei Tierärztinnen für die Anästhesie, und Nicole, die die Tiere empfängt, die Besitzer über die Operation und mögliche Komplikationen informiert.  Die Ladefläche ist voll bepackt. Fasziniert beobachte ich die generalstabsmäßige Operation. Das haben die nicht zum ersten Mal gemacht. Was stört wird beiseitegeschafft und der Raum in einen OP verwandelt.



Mitgebracht wurden:

2 komplette OP-Tische mit Licht, Halterungen für Abfallbeutel, Tablett für das Operationsbesteck. Ein kompletter Narkoseapparat, Sauerstoffflasche, Heizkissen, ein Wasserkocher zum Auffüllen von Wärmflaschen, Skalpelle, Rasierapparat, mehrere komplette sterile OP-Bestecke (Scheren, Nadeln, Klammern, Nahtmaterial), sterile OP-Kittel, Handschuhe und Abdecktücher, Desinfektionsmittel, Spritzen in großen Mengen, Infusionslösungen, Thermometer, eine mittelgroße Apotheke mit Narkosemitteln, Notfallmedikamenten, Antibiotika, Schmerzmitteln und sonstigen Ampullen. Außerdem Decken, Handtücher, Verbandszeug, Mullbinden (im Tigerlook!) und Klebebänder, Thermometer, 4 große Hundekäfige (zerlegbar), Schnüre, Seile und Maulkörbe (auch süße kleine Katzenmaulkörbe, die ich zum ersten Mal gesehen habe). Und viele Sachen, von denen ich keinen Schimmer hatte, wozu die gut sind.

Kaum, dass der Wagen entladen war, in 20 Minuten war alles aufgebaut, ein perfekter OP. Und draußen warten schon die ersten Patienten.

Das "Feldlazarett"

Irgendwie kam mir das ganze so vor wie ein Feldlazarett, das in Windeseile, nach dem „Krieg der Tiere“ (vielleicht Hunde gegen Katzen?) errichtet werden musste, um die „Überlebenden“ und „Verletzten“ medizinisch zu versorgen. Natürlich ist zwischen den Tieren kein Krieg ausgebrochen, die armen wurden (vermutlich gegen ihren Willen), nur der Kastration zugeführt (damit eine drohende Überbevölkerung der Hunde und Katzen nicht doch noch zu einem „Krieg“ führt). Mir fiel unwillkürlich die Fernsehserie M*A*S*H ein, die gab es irgendwann in den 70er Jahren, nur, dass das dort richtige Verwundete waren. Klar, manchmal fällt einem ein mächtiger Schmarrn ein aber mit Tierärztin Dr. Mertens hat das nun Garnichts zu tun.
Die Tierbesitzer brachten die Katzen in kleinen Handboxen, die Hunde an der Leine. Die keine Boxen hatten, haben die Katzen in eine Decke eingewickelt oder in einer Pappschachtel gebracht, notdürftig mit Klebeband verschlossen. Der größte Hund, eine Art schwarzer Retriever, 30 kg, hatte am meisten Angst, das kam ihm alles nicht geheuer vor.



Routinemäßige Professionalität: Die Tiere werden sediert, wenn die Narkose wirkt auf dem OP-Tisch fixiert, die Mädels tragen Mundschutz, eine Stirnlampe, Handschuhe. Dann zücken sie das Skalpell.

Da habe ich lieber weggeschaut. Bin auf die Straße gegangen und habe den Mädels Kekse gekauft. Müssen ja auch mal was essen!

Als ich zurück kam wurde gerade eine Katze operiert, sterilisiert. Aus ihrem Bauch hingen zwei eiergroße, mit Blutadern durchzogene Teile heraus, ich konnte mir keinen Reim darauf machen. Einen Tag später habe ich mich getraut, Rossi danach zu fragen. Das waren die Embryos, na ja, die bekommen dann auch keine Jungen mehr. Eine kleine Katze will nicht aufwachen, eine Tierärztin hält sie mit einer Wärmflasche und einer Decke ganz liebevoll im Arm und redet ihr gut zu.

Während der ganzen Aktion herrscht hektisches, doch ausgesprochen kontrolliertes Treiben. Jeder Handgriff sitzt, alle wissen was sie zu tun haben. Das Team arbeitet durch, keine Pause, vielleicht mal ein Schluck Wasser zwischendurch. Ich bin schwer beeindruckt.

Die Aktion neigt sich dem Ende zu. Die letzten Patienten sind wieder wohlauf (na ja, vielleicht noch etwas durcheinander), die Besitzer holen ihre mascotas wieder ab, das große Aufräumen beginnt. Alles wird verpackt und nach einer halben Stunde ist alles auf dem Pickup an seinem Platz, der Raum sieht wieder aus, als ob nichts geschehen wäre.

Es hat doch alles wieder etwas länger gedauert, die 5-Uhr-Fähre ist nicht mehr zu erreichen, also bis 7 Uhr warten. Ein langer Tag.



Daran teilzunehmen, ist natürlich eine hervorragende Gelegenheit, für mein Katzenprojekt Proben zu sammeln. Die Katzen sind in Narkose, beim Venenkatheter legen, wird für mich ein bisschen Blut mit abgenommen, und das Urinnehmen ist auch ganz easy. Ich helfe halt dafür mit so gut ich kann. Jede helfende Hand wird hier gut gebraucht. Aber ich bin auch völlig fasziniert von der Professionalität des Ablaufes. Die Tiere werden beim Empfang gewogen, alle werden vor der Sedation gründlich untersucht und der Ablauf ist deutlich professioneller als in vielen Praxen (auch bei uns), wo keine Narkosegerät und kein Sauerstoff zur Verfügung stehen und kein Tierarzt permanent die Narkose überwacht. Und außerdem macht es total Spaß, mit dem Team zusammenzuarbeiten.



Corral



Corral ist heute ein kleiner aufstrebender Küstenort und seit der regelmäßigen Fährverbindung hat dort der Tourismus einen starken Aufschwung genommen.

Der Ort wurde 1547 gegründet und zu einem Bollwerk gegen englische Piraten und sonstige Feinde ausgebaut. Das große Erdbeben von 1960 (9,5 auf der Richterskala) hat auch Corral voll getroffen, die größten Zerstörungen hat jedoch der darauffolgende Tsunami ausgelöst.
Corral heute (CC BY-SA 2.5, commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=578795)














Corral nach dem Tsunami 1960 (Foto: Buonasera Wikipedia)
Wasserstandsmeldung Katzen: 16.1.2017: Nr.: 110 (von 236)

Dieses Jahr wird großartig - mit Vinoval
www.vinoval.de

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