Donnerstag, 17. November 2016

Zwischenbilanz: Wissenschaft


Zwischenbilanz



Nr.: 11

Vorläufiger Belegungsplan: Casa de la buena vista


15.12.2016 – 10.1.2017 München

27.1.2017 – 13.2.2017 Australien
14.2. - 25.2.2017 Vaihingen





Katzen fangen



Projekt:

Katzen sind aus dem Leben der Menschen nicht mehr wegzudenken. Während unsere Stubentiger in der Stadt  eher eine ästhetische Funktion erfüllen, haben sie auf dem Land auch eine wichtige Funktion für die Kontrolle der Nagerpopulation. In unserem Forschungsprojekt geht es darum, den allgemeinen Gesundheitszustand zu erfassen und zu untersuchen, ob die Katzen sich dabei mit Krankheitserregern infizieren, die auch eine Gefahr für den Menschen und andere Nutztiere darstellen könnten.   



Auftrag:

248 Katzen fangen, bändigen, ruhigstellen, an manchen Stellen rasieren und Blut (aus der Vene) und Urin (direkt aus der Blase) abnehmen. Klingt einfach, ist es aber nicht.



Fortschritt:

16.11.2016: 24 Katzen (von 248).



Die ersten 16 Katzen waren bisher so eine Art „Kollateralnutzen“ von Rossis Arbeit in der Klinik; wenn immer eine Katze zum Sterilisieren oder anderen Unpässlichkeiten vorbeigebracht wurde, dann musste sie natürlich auch Blut und Urin abgeben, gegen eine kostenlose Blutanalyse oder eine Gratis-Entwurmung. Da freut sich jede Katze!

Heute gab es endlich den ersten Feldersuch, raus aufs Land zu den Bauernhöfen und zu den unbekannten Katzen, die auf nichts dringlicher warteten, als auf Rossis Blutkanüle!



Unser erstes Ziel war ein kleinbäuerlicher Hof in der Nähe von Paillaco. Wir haben unser Auto besser vor der Einfahrt stehen lassen und die Gummistiefel angezogen. Der Weg zum Hof bestand aus einer Mischung aus Schlamm, Dreck und frischem Kuhdung, die Ställe und Häuser glichen eher Holzverschlägen als Gebäuden, hinter einem Holzgatter grunzten ein paar Schweine. Hühner, Truthähne und Enten führten ihre Küken ins Mistpicken ein, die vielen Hunde sind neugierig und verspielt (aber dreckig) und die Katzen erstaunlich zutraulich.

Hof der Katze Nr. 17
 Außer das wir immer durch den Mist waten mussten, ging die Arbeit gut voran. Der Hof spiegelte schon die Armut und auch das Elend der Kleinstbauern in diesem Land wieder. Es fehlt an allem, natürlich vor allem an einem angemessenen Einkommen – eine Art Subsistenzwirtschaft auf unterster Ebene. Unseren komischen Wünschen wurde aber mit einer gewissen Herzlichkeit begegnet, irgendwie waren wir – verhalten – willkommen. 

Katze Nr. 17

Vielleicht fanden uns die Katzen nicht so toll – immerhin sind sie jetzt entwurmt: Katzen Nr. 17 und 18



Die nächsten beiden Höfe waren deutlich schöner, aufgeräumt, gepflegte Häuser mit den typischen Holzschindeln an den Fassaden. Im Vorgarten randalierte eine kleine Herde ganz junger Kälber, machte mit halbstarkem Geschrei auf sich aufmerksam.

Auch die Katzen der beiden anderen Höfe waren erstaunlich zutraulich und ließen die ganze Prozedur mit wenig Gegenwehr über sich ergehen: Katzen Nr. 19 – 24



Katze Nr. 19




Ein Hof geht noch, da soll es 5 – 7 Katzen geben. Ein schönes Anwesen, gepflegt, ein freundlicher Besitzer. Allerdings nicht die Katzen – sie kamen zwar vorbei aber von sich-fangen-lassen keine Spur. Das war mein großer Moment, genau auf so eine Situation war ich vorbereitet! Unter den skeptischen Blicken der Rossi hatte ich mir ein Anglernetz gekauft, mit ausziehbarer Teleskopstange! Und siehe da: es klappte auf Anhieb.
Katzenfangnetz


Dann muss irgendwas schiefgegangen sein. Bei dem Versuch, die Katze teilweise aus dem Netz zu befreien, schlug sie ihre Fangzähne mit aller Gewalt in meine Hand. Sie hatte gewonnen, suchte das Weite, während ich versuchte die Blutung zu stillen. Nicht ganz einfach, ein Leben als Katzenfänger. Die Methode hat sich als brauchbar erwiesen, die Prozedur danach ist allerdings noch verbesserungswürdig. 
Katze Nr. 21


Vielleicht sollten wir es mit einem Betäubungsblasrohr versuchen; habe da einige Erfahrung aus meiner Zeit bei den Indianern in Venezuela.



Der Tag endete in der Clinica Alemana.

Warten in der Notaufnahme, Blutdruckmessung (Sauerstoffdichte im Blut 99%), Versorgung der Wunden, Antibiotika.

Danach gab es dann ein Feierabendbier.



Aber diese Art von Wissenschaft gefällt mir gut, auch wenn ich hier nur der Assistent bin. Es fehlen noch 224 Katzen, das heißt zu den Höfen fahren, mit den Besitzern sprechen, unfallfrei die Tiere halten, Land und Leute kennen lernen, eintauchen in eine andre Welt.





Nochmal Tiere:



Auf dem Rückweg von Puerto Varas, wo ich mit meinen Studenten einen Ortstermin bei einem großen Reiseveranstalter hatte, besuchten wir die Senda Nativa Romahue.

Das ist eine Farm und gleichzeitig eine Auffangstation für verletzte oder hilfsbedürftige Wildtiere. Der Hof liegt in einer idyllischen Landschaft, von wo aus man die Vulkane Osorno und Calbuco sehen kann. Ein unvergleichlicher Anblick.


 
Ein Rundgang dauert zwischen ein und zwei Stunden – wir kamen gerade mal 50 Meter weit.

In einem Gehege wohnte ein Pudupaar und ein weiteres Weibchen und ein kleines Bambi mit hellen Tupfen im Fell, gerade mal drei Tage alt. Man hätte es gut in zwei Händen halten können.

Pudus sind die kleinsten Hirsche der Welt. Ihre Schulterhöhe beträgt zwischen 25 und 43 Zentimeter, ihr Gewicht zwischen 6 und 13 kg. Die männlichen Tiere ziert ein kleines Geweih.

Das Pudupaar stand eng beisammen, das Weibchen legte sich immer wieder hin, von der einen auf die andere Seite, und plötzlich sah man wie die Fruchtblase austrat, das Tier war gerade dabei ein Junges zu werfen. Der Bock wich nicht von ihrer Seite. Er half der Kuh durch beständiges Lecken und als die Fruchtblase abfiel haben sie sie beide zusammen aufgegessen, vielleicht um zu verhindern, dass dieser Geruch Fressfeinde anzieht. Die kleine Hirschkuh legte sich wieder auf die Seite, hob und senkte den Kopf und in ihren Augen sah man den stillen Schmerz und die Anstrengung der Geburt. Das Männchen versuchte der Gebärenden zu helfen so gut es ging. Fast hatte man den Eindruck, es zieht an den kleinen Füßchen, die als erste den Mutterleib verließen. Beständiges Lecken an dem kleinen Wesen, das dabei war aus der Geborgenheit in der Mutter in eine fremde Welt geworfen zu werden, war wohl ein zärtlicher Willkommensgruß.

Nach 20 Minuten ging alles ganz schnell. Mit einem kleinen Plop purzelte das Neugeborene auf den Boden und die beiden Eltern begannen sofort das Pudubaby trocken zu lecken. Ein zärtlicher Einstieg ins Leben.


Pudu-Männchen bei der Geburt

Wir blieben noch eine ganze Weile bei der jungen Familie.

Die überwältigende Zärtlichkeit des Männchens bei der Geburt hat mich zutiefst bewegt.

Ich komme mal wieder, um mir die anderen Tiere anzusehen.

www.vinoval.de

1 Kommentar:

  1. Von Sterilisierung/Kastration haltet Ihr offensichtlich nicht viel, oder? Es ist ok, daß ihr Euch um den Gesundheitszustand der Katzen und Ihre häufig noch viel zu hoch eingeschätzte Gesundheitsgefahr dem Menschen gegenüber kümmert (wenn Ihr hier, auch in sehr ländlichen und bisweilen leider diesbzgl, rückschrittlichen Gegenden der Welt damit aufräumen könnt, ist das super...wobei auch die sog. "zivilisierte Welt" noch viel zu viele Vorurteile hat, selbst unter Ärzten und Tiermedizinern), aber eine hohe, nicht durch sterilisierte/kastrierte Katzen kontrollierte Population stellt auch und vorallem eine Gesundheitsgefahr für die Tiere selbst da... Das müßtet Ihr eigentlich genau so wissen... und es wäre wirklich wichtig, wenn Ihr sie schon einfangt, da auch gleich dran zu arbeiten, zur Not in Kooperation mit verständigen Tierärzten und/oder nationalen und und internationalen Tierschutzorganisationen. Sonst sieht mir Euer Forschungsprojekt, sorry, ein bißchen zu oberflächlich und halbherzig aus, und ich frage mich, wie weit Ihr wirklich 100% am Wohl Eurer "Versuchskaninchen" (denn etwas Anderes sind sie dann nicht) interessiert seid.

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