Mittwoch, 30. November 2016

Tourismus I - Nachtrag


Tourismus I

Nr.: 12 a Nachtrag

Vorläufiger Belegungsplan: Casa de la buena vista


15.12.2016 – 10.1.2017 München
27.1.2017 – 13.2.2017 Australien 14.2.2017 - 25.2.2017 Vaihingen
26.2.2017 – 5.3.2017 Casa geschlossen

Nasenfrosch


Ich hatte gestern vom Darwin-Frosch (Rhinoderma darwinii) berichtet. Diese Spezies gehört zu den vom Aussterben bedrohten Arten. Diese Froschlurche sind sehr klein, gerade mal 3 cm groß, und reagieren sehr empfindlich auf Veränderungen ihres Habitats. Sie kommen nur hier, in südlichen Chile, vor. Vermutlich hat ihnen die Holzwirtschaft (Abholzung und Plantagenwirtschaft) stark zugesetzt.



Heute (29.11.16) erschien im DIARIOaustral ein Artikel über erste Rettungserfolge dieses völlig einzigartigen Wesens in unserer Welt.

Diarioaustral 29.11.16


Offensichtlich ist es nun Wissenschaftlern gelungen, diese bedrohte Art nachzuzüchten.  Ein Lichtblick in einer an Mitgeschöpfen immer ärmer werdenden Welt. In der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands gelten drei Viertel der Offenlandarten als gefährdet, einschließlich Vorwarnliste sind es sogar 87 Prozent. (NABU) Wer wird uns in Zukunft noch mit ihrem Gesang erfreuen, wenn die Singvögel in Deutschland einmal ausgestorben sind?

Als ich noch in Venezuela lebte hatte ich die Gelegenheit mit Eibl-Eibesfeldt zu sprechen. Er ist Evolutionsbiologe, Verhaltensforscher und der Gründer des Faches Humanethologie. Ich hatte ihn gefragt, was denn so problematisch daran sei, wenn die eine oder andere Tierart aussterben würde. Der Mensch wird einsam, hat er mir zur Antwort gegeben. Wohl wahr!


Wasserstandsmeldung Katzen: 29.11.2016: Nr.: 46 (von 248)

Weingenuss
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Montag, 28. November 2016

Tourismus I


Tourismus I



Nr.: 12



Vorläufiger Belegungsplan: Casa de la buena vista



15.12.2016 – 10.1.2017 München

27.1.2017 – 13.2.2017 Australien  
14.2.2017 - 25.2.2017 Vaihingen

26.2.2017 – 5.3.2017 Casa geschlossen






Mit meinen Studentinnen an der UACh (Macarena, Yohana und Camila) entwickeln wir ein touristisches Programm für Touristen in der Umgebung von Valdivia, das dann von einer Incoming Agentur (PORTOURS CHILE) angeboten werden soll. An der Küste vor Valdivia haben wir uns für unser Projekt zwei geschützte Naturgebiete (Reserva Costera Valdiviana / Parque Nacional del Alerce Costero) ausgesucht, wo wir unser Projekt verwirklichen wollen. Für das Wochenende war die Ortsbegehung geplant. Rossi war als neutrale Beobachterin dabei.



Freitag:


Am Morgen hatte ich noch einen Vortrag an der Uni über „Wissenschaftstourismus“ gehalten und um 13 Uhr haben wir die Fähre von Niebla, ein kleiner Küstenort am Pazifik etwa 15 km von Valdivia entfernt, nach Corral genommen. Die Überfahrt über den Rio Valdivia dauert knapp 20 Minuten. Zunächst wollen wir unser Hotel aufsuchen, Gayana Ecolodge, etwa 20 Minuten von Chaihuín entfernt. Die Schotterstraße führt durch ein abwechslungsreiches Gebiet, teils durch dichten Regenwald, teils öffnet sich die Landschaft und gibt den Blick auf die Auen des Flusses Chaihuín und die Küste frei.

Und dann lag sie vor uns, die Ecolodge, irgendwie aus dem All auf die Erde gefallen, drei weiße Kuppeln, die an einem Hang über dem Chaihuín-Tal klebten. Dahinter ein Holzhaus, Rezeption, Bar, Restaurant. Ein paar Ziegen, die gestreichelt werden wollten.

Die „Schlafdome“ wirken wie eine Mischung aus den Echolon Abhörstationen in Bad Aibling (allerdings ohne die NSA: kein Internet, kein Lauschangriff!) und den Jurten der mongolischen Nomaden.







Die Dome haben eine Wabenkonstruktion, die mit einer Folie überzogen ist, ein modernes Bad mit Dusche und eine Eingangstür aus Holz. Einige der Waben sind aus einer Klarsichtfolie, durch die man in der Kuppel bei Nacht den unvergleichlichen Sternenhimmel sehen kann nach vorne hat man einen Blick wie aus einer Raumstation auf das Tal des Rio Chaihuín.

Innen steht ein Holzofen (wie in den Jurten), der ein angenehmes Raumklima schafft, auch wenn man nachts immer wieder ein paar Holzscheite nachlegen muss. Ökologisch eben.







Betrieben wird die Lodge von Romina und Edmondo, ein Paar, das den Besuchern die Schönheit und Vielfalt der Natur vermitteln will. Romina ist eine exzellente Köchin, Edmondo hat sich auf Amphibien spezialisiert und kennt im Wald jede Kröte. Sein Liebling ist der Darwin-Frosch (Rhinoderma darwinii) aus der Familie der Froschlurche. Es sind Maulbrüter, die die jungen Kaulquappen bis zur „Froschreife“ in ihrem Kehlsack großziehen. Edmondo kann wunderbar davon erzählen.


Romina, Edmondo, Camila, Macarena, Yohana und ich


Die beiden Naturreservate, sowohl die Reserva (privat) und der Parque (staatlich) sind hervorragend gemanagt und gepflegt. Wanderwege führen durch die überbordende Vegetation der selva valdiviana.

Am Nachmittag waren wir dann noch bei Lobería, von dort kann man auf zwei kleinen Felsenhügeln im Meer ganz nahe der Küste hunderte von Seelöwen beobachten. Ganz schön was los da. Ihr Geschrei und Gezänk hört man schon aus weiter Entfernung. Sie drängen sich auf engstem Raum, über- und nebeneinander, sie beißen und schubsen sich und kämpfen um die besten Plätze.







Am Abend hat der angekündigte Regen eingesetzt, im Domo knisterte das Feuer. Nach einem köstlichen Essen hat der Tag mit einem Glas Rotwein einen entspannenden Abschluss gefunden.





Samstag:


Der Regen hielt sich noch bis in den Vormittag, dann brachen wir auf, wir hatten einen Termin mit einer alten Dame. Doch das war gar nicht so einfach. Das Alerce-Gebiet liegt in der Reserva und man kann es nur mit einem lizensierten Führer begehen – doch keiner hatte Zeit. Edmundo hat es dann doch irgendwie geschafft. Wir machten uns auf den Weg.



Nach einer Biegung des schmalen Weges durch den dichten, fast undurchdringlichen Regenwald, stand sie da, Oma Alerce, (Fitzroya cupressoides), eine patagonische Zypresse, in aller Gelassenheit, den ganzen Rest der Vegetation mit stoischer Gelassenheit überragend. Die Alerce gehört zu den langlebigsten Bäumen überhaupt, es soll Exemplare geben, die um die 4000 Jahre alt sind. Im Vergleich dazu ist unsere Oma Alerce allenfalls im besten Alter. 2500 Jahre und stattliche 45 m hoch. Als etwa um das Jahr 500 vor Chr., in der Vorweihnachtszeit, sich ihr erster kleiner Trieb aus dem Samen zwängte war ihre Welt noch in Ordnung. Vielleicht siedelten Chiquillanes und Poyas unten an der Küste, vertrieben sich die Zeit mit Muscheln suchen, Fischfang und etwas Landwirtschaft. Vermutlich haben sie Kartoffeln angebaut, denn genau hier (Chiloe) ist die Kartoffel zur Welt gekommen. Erst als unsere Oma Alerce schon über 1000 Jahre alt war (und gerade mal einen Durchmesser von 60 cm erreicht hatte) haben die ersten Polynesier die Osterinsel besiedelt. Und nochmal 1000 Jahre später kamen dann die Europäer mit finsteren Absichten in das Land.







Es ist schon ein ganz besonderes Gefühl unter so einem gewaltigen Baumriesen zu stehen. Allein die Rinde dieser Riesen ist bis zu 30 cm dick, das Holz ist eher leicht und von rötlicher Farbe. Früher wütenden die Holzfäller in dem Gebiet; der ursprüngliche Wald musste für Eukalyptusplantagen weichen – für die Papierindustrie. Die Alerce wurde dann von chilenischen Regierung unter Schutz gestellt, eine private Organisation – The Nature Conservancy – konnte 60.000 ha kaufen und betreibt seit 2005 den Schutz dieser Region.



Unten am Stamm des Baumriesen, in Augenhöhe, klebte eine gelbe, glibbrige Masse und begann langsam zu tropfen. Caca de los duendes (Zwergen-Kacke) wird das hier genannt. Das sind Schleimpilze aus der Familie der Myxomycota, etwas vornehmer ausgedrückt. Diese Schleimpilze haben keinen festen Standort, können sich fortbewegen, kleine Wanderungen unternehmen, sich abtropfen lassen und sich wieder vereinen. Genau so habe ich mir immer die Aliens vorgestellt, riesige Glibberwesen, die alles einschleimen und nicht zu fassen sind!

Caca del Duende

Jetzt haben australische Wissenschaftler festgestellt, dass diese Hirnlosen Schleimtiere in der Lage sind, den kürzesten Weg aus einem Labyrinth zu finden. Also doch Aliens!

Yohana, Camila und Macarena bei der Arbeit



Der Tag endete in einer Tinaja, einem genialen Holzbottich, mit Holz geheizt, bei 38 Grad. Und einer schönen Flasche Rotwein. Was für ein Tag!



Tinaja - heißer Bottich




Sonntag:



In der Nacht brach die Wolkendecke auf und gab den Blick frei auf einen unendlichen Sternenhimmel, den man durch das Dachfenster im Domo beobachten konnte. Luxus von seiner schönsten Seite. Am Horizont stand das Kreuz des Südens in seiner ganzen Pracht.

Am Morgen noch eine letzte kleine Wanderung mit Edmondo in seinem Zauberwald der Kröten und Frösche. Bei dem Spaziergang haben wir auch einen kleinen toten Monito del Monte gefunden, bzw. was von ihm noch übrig war, ist wohl einem Fressfeind zum Opfer gefallen. Lebendig sehen sie ganz putzig aus. Sind übrigens Beuteltiere – die gibt es nicht nur in Australien!



Ein kleiner Stopp im ONA, unserem Lieblingsrestaurant in Niebla, war dann der angemessene Abschluss. Manchmal kann man auch hier richtig gut essen. Peruanisch-japanische Küche!



Neues von unseren Mitbewohnern:



Ein Schwalbenpaar (Golondrinas) nistet im Abflussrohr unseres Balkons. Die Jungen wachsen stetig heran und treiben mit ihrem Gefiepse und Gezeter die Alten zur Futtersuche an. Sie werden wohl bald flügge werden. Wenn man den Deckel des Abflusses hebt, kann man die Kleinen in ihrem Nest beobachten. Gute Nachbarn!



Wohnung Golondrina



 
Golondrina


Wasserstandsmeldung Katzen: 28.11.2016: Nr.: 36 (von 248)



 Und für den weihnachtlichen Genuss
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Donnerstag, 17. November 2016

Zwischenbilanz: Wissenschaft


Zwischenbilanz



Nr.: 11

Vorläufiger Belegungsplan: Casa de la buena vista


15.12.2016 – 10.1.2017 München

27.1.2017 – 13.2.2017 Australien
14.2. - 25.2.2017 Vaihingen





Katzen fangen



Projekt:

Katzen sind aus dem Leben der Menschen nicht mehr wegzudenken. Während unsere Stubentiger in der Stadt  eher eine ästhetische Funktion erfüllen, haben sie auf dem Land auch eine wichtige Funktion für die Kontrolle der Nagerpopulation. In unserem Forschungsprojekt geht es darum, den allgemeinen Gesundheitszustand zu erfassen und zu untersuchen, ob die Katzen sich dabei mit Krankheitserregern infizieren, die auch eine Gefahr für den Menschen und andere Nutztiere darstellen könnten.   



Auftrag:

248 Katzen fangen, bändigen, ruhigstellen, an manchen Stellen rasieren und Blut (aus der Vene) und Urin (direkt aus der Blase) abnehmen. Klingt einfach, ist es aber nicht.



Fortschritt:

16.11.2016: 24 Katzen (von 248).



Die ersten 16 Katzen waren bisher so eine Art „Kollateralnutzen“ von Rossis Arbeit in der Klinik; wenn immer eine Katze zum Sterilisieren oder anderen Unpässlichkeiten vorbeigebracht wurde, dann musste sie natürlich auch Blut und Urin abgeben, gegen eine kostenlose Blutanalyse oder eine Gratis-Entwurmung. Da freut sich jede Katze!

Heute gab es endlich den ersten Feldersuch, raus aufs Land zu den Bauernhöfen und zu den unbekannten Katzen, die auf nichts dringlicher warteten, als auf Rossis Blutkanüle!



Unser erstes Ziel war ein kleinbäuerlicher Hof in der Nähe von Paillaco. Wir haben unser Auto besser vor der Einfahrt stehen lassen und die Gummistiefel angezogen. Der Weg zum Hof bestand aus einer Mischung aus Schlamm, Dreck und frischem Kuhdung, die Ställe und Häuser glichen eher Holzverschlägen als Gebäuden, hinter einem Holzgatter grunzten ein paar Schweine. Hühner, Truthähne und Enten führten ihre Küken ins Mistpicken ein, die vielen Hunde sind neugierig und verspielt (aber dreckig) und die Katzen erstaunlich zutraulich.

Hof der Katze Nr. 17
 Außer das wir immer durch den Mist waten mussten, ging die Arbeit gut voran. Der Hof spiegelte schon die Armut und auch das Elend der Kleinstbauern in diesem Land wieder. Es fehlt an allem, natürlich vor allem an einem angemessenen Einkommen – eine Art Subsistenzwirtschaft auf unterster Ebene. Unseren komischen Wünschen wurde aber mit einer gewissen Herzlichkeit begegnet, irgendwie waren wir – verhalten – willkommen. 

Katze Nr. 17

Vielleicht fanden uns die Katzen nicht so toll – immerhin sind sie jetzt entwurmt: Katzen Nr. 17 und 18



Die nächsten beiden Höfe waren deutlich schöner, aufgeräumt, gepflegte Häuser mit den typischen Holzschindeln an den Fassaden. Im Vorgarten randalierte eine kleine Herde ganz junger Kälber, machte mit halbstarkem Geschrei auf sich aufmerksam.

Auch die Katzen der beiden anderen Höfe waren erstaunlich zutraulich und ließen die ganze Prozedur mit wenig Gegenwehr über sich ergehen: Katzen Nr. 19 – 24



Katze Nr. 19




Ein Hof geht noch, da soll es 5 – 7 Katzen geben. Ein schönes Anwesen, gepflegt, ein freundlicher Besitzer. Allerdings nicht die Katzen – sie kamen zwar vorbei aber von sich-fangen-lassen keine Spur. Das war mein großer Moment, genau auf so eine Situation war ich vorbereitet! Unter den skeptischen Blicken der Rossi hatte ich mir ein Anglernetz gekauft, mit ausziehbarer Teleskopstange! Und siehe da: es klappte auf Anhieb.
Katzenfangnetz


Dann muss irgendwas schiefgegangen sein. Bei dem Versuch, die Katze teilweise aus dem Netz zu befreien, schlug sie ihre Fangzähne mit aller Gewalt in meine Hand. Sie hatte gewonnen, suchte das Weite, während ich versuchte die Blutung zu stillen. Nicht ganz einfach, ein Leben als Katzenfänger. Die Methode hat sich als brauchbar erwiesen, die Prozedur danach ist allerdings noch verbesserungswürdig. 
Katze Nr. 21


Vielleicht sollten wir es mit einem Betäubungsblasrohr versuchen; habe da einige Erfahrung aus meiner Zeit bei den Indianern in Venezuela.



Der Tag endete in der Clinica Alemana.

Warten in der Notaufnahme, Blutdruckmessung (Sauerstoffdichte im Blut 99%), Versorgung der Wunden, Antibiotika.

Danach gab es dann ein Feierabendbier.



Aber diese Art von Wissenschaft gefällt mir gut, auch wenn ich hier nur der Assistent bin. Es fehlen noch 224 Katzen, das heißt zu den Höfen fahren, mit den Besitzern sprechen, unfallfrei die Tiere halten, Land und Leute kennen lernen, eintauchen in eine andre Welt.





Nochmal Tiere:



Auf dem Rückweg von Puerto Varas, wo ich mit meinen Studenten einen Ortstermin bei einem großen Reiseveranstalter hatte, besuchten wir die Senda Nativa Romahue.

Das ist eine Farm und gleichzeitig eine Auffangstation für verletzte oder hilfsbedürftige Wildtiere. Der Hof liegt in einer idyllischen Landschaft, von wo aus man die Vulkane Osorno und Calbuco sehen kann. Ein unvergleichlicher Anblick.


 
Ein Rundgang dauert zwischen ein und zwei Stunden – wir kamen gerade mal 50 Meter weit.

In einem Gehege wohnte ein Pudupaar und ein weiteres Weibchen und ein kleines Bambi mit hellen Tupfen im Fell, gerade mal drei Tage alt. Man hätte es gut in zwei Händen halten können.

Pudus sind die kleinsten Hirsche der Welt. Ihre Schulterhöhe beträgt zwischen 25 und 43 Zentimeter, ihr Gewicht zwischen 6 und 13 kg. Die männlichen Tiere ziert ein kleines Geweih.

Das Pudupaar stand eng beisammen, das Weibchen legte sich immer wieder hin, von der einen auf die andere Seite, und plötzlich sah man wie die Fruchtblase austrat, das Tier war gerade dabei ein Junges zu werfen. Der Bock wich nicht von ihrer Seite. Er half der Kuh durch beständiges Lecken und als die Fruchtblase abfiel haben sie sie beide zusammen aufgegessen, vielleicht um zu verhindern, dass dieser Geruch Fressfeinde anzieht. Die kleine Hirschkuh legte sich wieder auf die Seite, hob und senkte den Kopf und in ihren Augen sah man den stillen Schmerz und die Anstrengung der Geburt. Das Männchen versuchte der Gebärenden zu helfen so gut es ging. Fast hatte man den Eindruck, es zieht an den kleinen Füßchen, die als erste den Mutterleib verließen. Beständiges Lecken an dem kleinen Wesen, das dabei war aus der Geborgenheit in der Mutter in eine fremde Welt geworfen zu werden, war wohl ein zärtlicher Willkommensgruß.

Nach 20 Minuten ging alles ganz schnell. Mit einem kleinen Plop purzelte das Neugeborene auf den Boden und die beiden Eltern begannen sofort das Pudubaby trocken zu lecken. Ein zärtlicher Einstieg ins Leben.


Pudu-Männchen bei der Geburt

Wir blieben noch eine ganze Weile bei der jungen Familie.

Die überwältigende Zärtlichkeit des Männchens bei der Geburt hat mich zutiefst bewegt.

Ich komme mal wieder, um mir die anderen Tiere anzusehen.

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Mittwoch, 9. November 2016

Ganz schön was los hier


Ganz schön was los hier



Nr. 10



Vorläufiger Belegungsplan: Casa de la buena vista



15.12.2016 – 10.1.2017

25.1.2017 – 15.2.2017





8. November 2016



ich musste Besorgungen machen in der Stadt. An der Plaza war wenig Verkehr. Aus der Avenida Picarte drang ansteigender Lärm durch die Stadt. Ein enormer Demonstrationszug wälzte sich auf das Zentrum zu. Menschen mit Plakaten, Transparenten, Pfeifen, Megaphonen und Vuvuzelas machten ihrem Ärger Luft. Nach dem ersten Pulk der Protestierenden kamen vielleicht fünfzig Lastwagen der Müllmänner mit Aufschriften wie diesen: „An den Müllbergen ist die Regierung schuld!“








Der Protestzug war fast 2 km lang, die unterschiedlichsten Gruppen und Gruppierungen haben sich für diese Demonstration zusammengeschlossen: Mitarbeiter des Bildungswesens, der vorschulischen Erziehung, des Gesundheitssektor, , der Gendarmerie, eben der ganze öffentliche Dienst. Demonstrationen und Streiks sind nicht auf Valdivia beschränkt, die Proteste ziehen sich über das ganze Land. Mittlerweile türmen sich allerorten die Müllberge auf, auch in Valdivia, einer sonst sehr sauberen Stadt. In Santiago stinkt es bereits erbärmlich – bei sehr sommerlichen Temperaturen. Es kommt zu gewaltsamen Ausschreitungen.



Vordergründig geht es um eine Lohnerhöhung, 3,2 % bietet die Regierung, die Demonstranten beharren auf 7 %. Die Müllmänner, wenn sie denn beim Staat beschäftigt sind, verdienen ca. 400.000 Pesos, gerade mal 560 €. Doch viele Gemeinden haben die Müllentsorgung an externe Dienstleister vergeben – nach bester neoklassischer Manier! Dort zahlt man ihnen den Mindestlohn, knapp 280.000 Pesos, weniger als 400 € im Monat. Chile ist teuer, viele Preise sind wie in Deutschland, oder höher. Das reicht nicht, davon kann man nicht leben, seine Kinder nicht in die Schule schicken, kaum am sozialen Leben teilhaben.



Sie verzweifeln am System, sie glauben nicht mehr, dass diese Politiker was für sie tun. Sie schimpfen auf Bachelet, auf die verbreitete Korruption und auf die korrupten Politiker, die sie am liebsten tot sehen würden.





Es geht auch um die Rentenversicherung. Die wurde damals von Pinochet privatisiert und danach von allen Nachfolgerregierungen Schritt für Schritt weiter demontiert, die Demonstranten sagen, sie werden systematisch bestohlen. Latinapress: derzeit erhalten 90,75% der Rentner niedrige monatliche Renten in Höhe von rund 233 US-Dollar (fast die Hälfte des Mindestlohns).



Wer könnte den Demonstranten ihre Wut verdenken? Aber das ist kein chilenisches Problem. Die Welt ist nicht in Ordnung. Allerorten scheinen die Menschen ein Gefühl zu bekommen, dass da mit dem gesellschaftlichen Gleichgewicht was nicht mehr stimmt. Man bekommt das Gefühl, dass eine kleine Schicht der Reichen und Superreichen die Welt gekapert hat, in schöner Piratentradition. Für sie scheinen andere Gesetze und Regeln zu herrschen als für den Rest der Bürger. Was hat man denn nach der Finanzkrise (und nachdem man aller Banken gerettet hat – und den Bankern die Boni), alles versprochen. Manche Banken sind heute mächtiger und systemrelevanter als vorher. Panama Papers – viel Aufregung und dann: nichts. Apple und Co. Zahlen nach wie vor keine Steuern. Arme Chilenen schaffen es in den seltensten Fällen an die Uni. Bildung ist ein Menschenrecht.

2015 gingen die Studenten in Chile auf die Straße, die Hochschulen waren vier Monate dicht.  Auch meine Kollegen stimmen überein: das Bildungssystem muss dringend reformiert werden.

Es braut sich was zusammen, auch in Europa. Le Pen, Orban, Erdogan, Putin, die AFD und alle anderen. Auch Europa hat seine Bindungsfunktion verloren: Brexit – und dann? Diese Rattenfänger biedern sich mit scheinbar leichten Lösungen an, die es nicht gibt. Aber mit der Entwicklung mit der wir uns heute abfinden sollen können viele nicht mehr leben.



Heute ist Wahl in Amerika. Ich habe ein schlechtes Gefühl. Den ganzen Abend bekommen wir von Forschungsgruppen und sonstigen Wahlanalysten vorgerechnet, dass Hillary eigentlich gar nicht verlieren kann.







9. November 2016



ich bleibe bis nach Mitternacht wach. Als dann Florida verloren war habe ich den Fernseher ausgeschaltet und bin ins Bett. Die Sache ist gelaufen. Ich habe schlecht geschlafen.

Trump macht mir Angst. Aber auch hier: es war eine Absage an das „System“, das von Hillary so perfekt verkörpert wurde.



Besser als jede Politik:


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Freitag, 4. November 2016

Architektouren


Architektouren

Nr. 9

Vorläufiger Belegungsplan: Casa de la buena vista

15.12.2016 – 10.1.2017

25.1.2017 – 15.2.2017

Isla de Chiloe I

Die Reiseführer beschreiben die Insel wie das kleine gallische Dorf Chiles. Na ja, klein nicht wirklich, Chiloe ist die fünft größte Insel des Kontinents. Auf jeden Fall haben dort die Huilliche-Ureinwohner den europäischen Eroberern heftigen Widerstand geleistet. Bis heute betonen die Chilotes ihre deutliche Abgrenzung zu Santiago. Und sie haben mächtige Verbündete: die Traucos (Trolle) entführen am liebsten Jungfrauen (wahrscheinlich die vom Festland), „Voladoras“, fliegende Hexen, treiben ihr Unwesen und ab und an kreuzt ein Geisterschiff („Caleuche“) auf, unter weißen Segeln und fetziger Musik, das sich bei näherem Hinsehen dann doch in Felsen oder Baumstämme verwandelt. Weiß man’s?
Die Chilotes haben auch ihren eigenen Baustil entwickelt, die traditionellen Häuser sind mit den typischen Holzschindeln verziert, die für die Insel stilprägend sind.
Eindrucksvoll sind vor allem die Holzkirchen, die ab dem 17. Jahrhundert von den Jesuiten errichtet worden sind, man musste den Ureinwohnern ja schließlich den Glauben und Mores lehren. 16 von diesen Kirchen stehen inzwischen auf der UNESCO-Welterbe Liste.


Kirche von Curaco

Die Kirchen sind meist aus Zypressenholz gefertigt, viele von ihnen wurden ohne einen einzigen Nagel errichtet. Außen sind die meisten mit bunten Schindel verziert und innen aufwendig ausgemalt. Vergleichbares gibt es vielleicht nur in Finnland oder Polen.











Kirche von Castro


Es sind großartige Zeugnisse von manifester Kultur, die ich in Valdivia etwas vermisse. An die Hauptkirche von Valdivia darf ich gar nicht erst denken, wenn ich in der Nähe bin schaue ich liebe weg (na ja, für die Orientierung ist sie ganz gut).

 Kirche von Achao

Das ist die eine Seite von Chiloe. Sicher, in den kleinen Orten (Käffern) findet man viele Bespiele der traditionellen Bauweise mit der typischen Schindelverkleidung, aber irgendwie ist vieles verwahrlost, ungepflegt, in die Jahre gekommen, auch verlottert. Nein, es nicht so, dass alles immer herausgeputzt sein muss, bis zur Sterilität saniert. Doch man sollte eine liebevolle Beziehung zwischen dem Haus und seinen Bewohnern erkennen können. Kann man aber nicht. Auch in den schönen Dörfern Italiens bröckelt der Putz und die Geranien wachsen in rostigen Milchpulverdosen. Aber irgendwie ist das Gesamtbild stimmig, hier nicht. Vielleicht fehlt hier die Erfahrung der Ästhetik. Mangelnder Wohlstand, der immer noch andauernde Kampf zwischen Tradition und Moderne (Schindel gegen Beton), Erziehung, Bildung? Schiller hat eine Abhandlung „Über die ästhetische Erziehung des Menschen geschrieben, schwer zu verstehen, aber hier wäre das sicherlich angebracht. (Allerdings: wenn man durch Franken, vor allem Bier-Franken fährt, dann ist es mit der Ästhetik auch nicht weit her!)

Und trotz allem, hinter der schlimmsten Fassade findet man ein Café mit großartigem Cappuccino, leckerem Kuchen. Doch die architektonische, ästhetische Sensation war das kleine Refugio Pullao, in dem wir gelandet sind.
Ein kleines Hotel, das über der Bahia von Castro inmitten eines Vogelreservates liegt, leicht oberhalb des Meeres. Hier kann man auf ganz kontemplative Weise der Ebbe und der Flut zuschauen und nachts unter einem großartigen Sternenhimmel ein heißes Bad nehmen. Auf dem Weg dorthin haben wir fast unseren kleinen Bonsai-Mietwagen zu Schrott gefahren – doch das hätte sich zumindest gelohnt. Hier hat der Besitzer ein Ambiente geschaffen, das die wunderbare Natur, Baukunst und Geschmack zu einer wunderbaren Symbiose vereint. Bei aller Reduziertheit ein Moment großer Gefühle.

Refujio Pullao

Das ist die Spannbreit von Chiloe. Großartige Architektur zwischen Vergangenheit und Moderne – und dazwischen die Hilflosigkeit, den eigenen Stil zu finden.

In Achao waren wir auf einer „feria de costumbristas“, bei uns würde man Kirchweih sagen, oder vielleicht Straßenfest. Musikpavillon, jede Menge Essensstände, bei denen fast überall das gleiche gibt. Vor allem „Curanto“.
Das traditionelle Curanto ist ein Kochevent, eine Zeremonie. Stundenlang. Hier wird das Gericht in Plastiknetzen serviert, in denen allen drin ist, dem man habhaft werden konnte: Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte und Kartoffeln.
Wir haben dann eine Fischsuppe gegessen, oberlecker, und eine „Empanada de Mariscos“.

Sancocho de mariscos


Aber das mit dem Essen ist eine andere Geschichte.

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